Gemeinsam unterwegs - Begleitetes Pilgern in Lippe

Pilgern durch den Teutoburger Wald © Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge
Pilgern durch den Teutoburger Wald © Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge

 

Die Weite der Landschaft genießen, die Stille in den Wäldern wahrnehmen, zur Ruhe kommen, tief durchatmen und einfach mal den stressigen und medienüberfluteten Alltag hinter sich lassen.

 

Das alles könnt ihr auf einer begleiteten Pilgertour auf dem insgesamt 162 km langen Pilgerweg durch das lippische Land.

 

Semra Erol, Marketingexpertin der Lippe Tourismus Marketing GmbH, hat sich mit einer begleiteten Pilgertour auf den Weg gemacht und hat ihre ganz persönlichen Erlebnisse für euch zusammengefasst.

Fantastische Ausblicke begleitet euch auf dem Pilgerweg © Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge
Fantastische Ausblicke begleitet euch auf dem Pilgerweg © Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge

Kirche und Tourismus wie passt das zusammen?

 

Gemeinsam mit dem Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge und einigen lippischen Touristikern folgten wir der Einladung der Lippischen Landeskirche. Wir wollten eine geführte Pilgertour selbst erleben, um bei Gästeanfragen authentisch beraten zu können. Es sollte auf einer Strecke von zwölf Kilomentern durch den lippischen Südosten gehen, von Schieder-Schwalenberg aus zum Kloster nach Falkenhagen.

 

Mein erster Impuls war es, mich  von der Veranstaltung befreien zu lassen, da ich nicht religiös bin. Das Ganze stand unter dem Motto „Schweige und höre“. Wie jetzt, dachte ich mir: Ich darf nicht reden? Das wird aber eine langweilige „Veranstaltung“. Leider stieß mein Wunsch auf Nichtteilnahme bei unserem Geschäftsführer Günter Weigel auf kein Gehör. Seine Antwort war mehr als ernüchternd: „Mitgefangen, Mitgehangen!“ 

 

Also lies ich mich darauf ein mit der Einstellung: Es macht mich nicht dümmer und ich tue meiner Gesundheit Gutes!

 

Evangelisch-reformierte Kirche in Schwalenberg © Ev.-ref. Kirche Schwalenberg
Evangelisch-reformierte Kirche in Schwalenberg © Ev.-ref. Kirche Schwalenberg

So begann unsere Tour mit einem wirklich leckeren Frühstück im "Malkasten" in Schwalenberg. Nach dem wir uns gestärkt hatten, begrüßten uns Jörg Bierwirth, Bürgermeister der Stadt Schieder-Schwalenberg und Tobias Treseler, Theologischer Kirchenrat der Lippischen Landeskirche, an der Ev. reformierten Kirche in Schwalenberg. Der Bürgermeister berichtete uns aus der Geschichte der Stadt Schieder-Schwalenberg.

 

Anschließend ging es in die Kirche. Hier wurden die „Spielregeln“ des Tages vereinbart. Der Gang in die Kirche stellte für mich kein Problem dar, da Kirchenbesuche bei Städtetrips regelmäßig auf meiner Tagesordnung stehen. Mir persönlich geht es bei den Kirchenbesuchen nicht um die Nähe zu Gott, sondern vielmehr um die Neugier auf Neues. Meistens ist es die architektonische Vielfalt und auch die besondere Stimmung, die mich in die Sakralbauten lockt. Die Zeit in der Kirche konnte ich nutzen, um schöne Bilder zu machen.

 

Anschließend pilgerten wir los. Zunächst ging es über den Schützenplatz bis zum Platz unter Buchen. Dann galt es auch schon, die erste Aufgabe zu bewältigen: Was beschäftigt Sie gerade? Was bewegt Sie gerade? Was bringt Sie gerade in Bewegung? Schönes oder weniger Schönes? Bitte suchen Sie sich einen Gesprächspartner und gehen Sie eine Weile mit ihm zusammen die nächste Wegstrecke mit dem Impuls: Was mich gerade bewegt? Gesagt, getan. Ich schnappte mir eine meiner Kolleginnen und los ging es. Nachdem wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht hatten, folgte eine kleine Atemübung, die wir alle gemeinsam durchführten.

 

"Gemeinsam unterwegs" ist das Motto der begleiteten Pilgertour © Lippe Tourismus & Marketing GmbH
"Gemeinsam unterwegs" ist das Motto der begleiteten Pilgertour © Lippe Tourismus & Marketing GmbH

Als nächstes bildeten wir Dreiergruppen, die Zusammensetzung erfolgte durch eine Auslosung. Die neue Aufgabe lautete: Lassen Sie die oder den, der in der Mitte geht, fünf Minuten erzählen, was ihn durch das Leben trägt. Nach fünf Minuten wechselt ein anderer in die Mitte, nach wieder fünf Minuten eine andere. Nachfragen waren nicht erlaubt. Nachdem alle drei berichtet hatten, sollten wir uns darüber austauschen, wie es war, zu reden, ohne unterbrochen worden zu sein.

 

Für mich persönlich war es kein schönes Gefühl, keine Nachfragen stellen zu können. Ich habe dies als unhöflich und uninteressiert empfunden. Als ich an der Reihe war, zu erzählen, was mich im Leben trägt, hatte ich Hemmungen, teilweise wildfremden Menschen dies zu erzählen. Aber dadurch, dass meine Vorredner dies auch geschafft haben, hatte ich den nötigen Ansporn, mich auch zu öffnen. Die Gespräche zu dritt beendeten wir mit dem Lied „Schweige und höre“.

 

Weite Aussichten und die Stille in der Natur wirkt entschleunigend auf Körper und Geist © Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge
Weite Aussichten und die Stille in der Natur wirkt entschleunigend auf Körper und Geist © Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge

Anschließend folgte eine längere Zeit von etwa 20 Minuten des Schweigens. Der Impuls, der uns begleiten sollte, lautete: „Woher bekomme ich neue Kraft? Wie tanke ich auf? Wir sollten die Zeit zum Hören, Sehen und Riechen nutzen. Ok, dachte ich, wir sollten still sein, das kann ja nicht so schwierig sein. Aber weit gefehlt! Unser Chef ging während des Schweigens neben mir und mir fielen in dem Moment so viele Sachen ein, die ich ihm unbedingt noch erzählen oder ihn fragen musste! Hatten wir bei dem Antrag X auch an das Formblatt Y gedacht? Wann wollte er nochmal das Projekt XY umsetzen? Aber nein, wir durften ja nicht reden. Also versuchte ich, die Dinge schnell irgendwie „abzuspeichern“ und versuchte, meinen Kopf freizubekommen.

 

Ich sah mich um und sah, wie wir alle gemeinsam still nebeneinander oder hinterliefen. Nach den etwa 20 Minuten des schwierigen Schweigens machten wir Halt am stillen Waldsee kurz vor Biesterfeld. Nachdem wir das Schweigen gebrochen hatten, ging es weiter zum Grillplatz in Rischenau. Hier machten wir kurz Rast und führten  gemeinsame Atemübungen durch.

 

© Lippe Tourismus & Marketing GmbH
© Lippe Tourismus & Marketing GmbH

 

Auf der letzten Etappe zum Kloster Falkenhagen boten sich uns tolle Aussichten über den lippischen Südosten.

 

Bei dem Kloster Falkenhagen handelt es sich um ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster am Fuße des Köterberges in Lügde. Die Klosterkirche ist eine verlässlich geöffnete Kirche und ist vom 1. April bis Erntedank in der Zeit von 9-18 Uhr zu besuchen. Im Kloster angekommen, fand der Tag einen meditativen Abschluss.

 

 

Mein persönliches Fazit: Schluss mit Vorurteilen

 

Eigentlich sagt man, wer pilgert, unternimmt eine Reise zu einem heiligen Ort. Auf seiner Wanderung möchte der Pilger den Alltag vergessen und sich oft auch auf seinen Glauben besinnen. Trotz anfänglicher Bedenken und Vorurteile war es ein gelungener Tag, der mich „zwang“, in mich zu kehren. Die Betonung liegt tatsächlich auf „zwingen“, da ich mich ohne die gestellten Aufgaben nicht in der Situation wiedergefunden hätte. Es war eine absolut neue und bereichernde Erfahrung, teilweise allein, aber dann doch nicht allein unterwegs zu sein. Ich hätte nie gedacht, mich fremden Menschen auch so öffnen zu können. Auch meine Kolleginnen und Kollegen berichteten von ähnlichen Erfahrungen. Heutzutage pilgern aber auch Menschen, die nicht gläubig sind. Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein. Die meisten Menschen wollen ihren Alltag vergessen, der Hektik entfliehen, manche wollen eine Entscheidung für die Zukunft treffen, einige trauern um einen geliebten Menschen. Die Berufswelt ist im Wandel. Besinnung auf das Wesentliche. Entschleunigen. Neue Perspektiven gewinnen. Egal, aus welchem Grund man sich auf den Weg macht: Nicht das Ziel ist wichtig, sondern vielmehr der Weg dorthin, auf dem der Pilger seine Erfahrungen und eine Reise zu sich selbst macht. Auf- und durchatmen.

 

Nähere Informationen zum begleiteten Pilgern unter: www.pilgern-in-lippe.de

 

Semra Erol, Lippe Tourismus & Marketing GmbH